Sex mit Hostien, Kindsmord und jede Menge Gift


Die „Giftmordaffäre“ ab 1676 gilt als Wendepunkt in der Regierungszeit Ludwigs XIV. Mehr als 400 Frauen und Männer aus besten Kreisen wurden angeklagt. Im Mittelpunkt stand eine Mätresse des Königs.

der adel und der teufel

Die große Staatsaffäre begann am 21. September 1676, als man in einem Beichtstuhl der Jesuitenkirche der Rue Saint-Antoine zu Paris ein anonymes Schreiben fand. Darin stand, dass ein Komplott bestehe, um König Ludwig XIV. von Frankreich zu ermorden. Der unbekannte Priester berichtete, dass viele seiner hochgestellten Beichtkinder sich anklagten, jemanden vergiftet zu haben, und somit auch das Leben des Monarchen bedroht sei.

Nun nahm sich Nicolas de la Reynie der Sache an. Der Generalleutnant der Pariser Polizei war ein scharfsinniger Detektiv und Urvater der französischen Kriminalpolizei. Er hatte bereits die wohl skrupelloseste Giftmörderin des 17. Jahrhunderts, die Marquise de Brinvilliers, entlarvt und dem Henker überantwortet. Diese finstere Dame hatte nahezu ihre gesamte Familie mit „Erbschaftspulver“, einer Mischung aus Arsenik und Vitriol, ausgelöscht. Die Wirkung des Giftes erprobte sie zuvor an den Patienten des Pariser Krankenhauses Hôtel-Dieu, mithilfe von präpariertem Zwieback.

Während seiner Recherchen stieß la Reynie auf brisante Tatsachen. Ganz offenbar stellte die Brinvilliers keinen Sonderfall dar. Er schrieb: „Das Menschenleben wird praktisch wie eine Ware gehandelt. Der Giftmord ist beinahe das einzige Hilfsmittel, dessen man sich bei allen Familienstreitigkeiten bedient. Gottlosigkeiten, Sakrilege und Schändlichkeiten sind an der Tagesordnung in Paris, auf dem Lande in den Provinzen.“

Besonders düster sah es in der Hauptstadt aus. In Paris förderten la Reynies Nachforschungen ein ganzes Netzwerk von Giftmischern, Satanisten, Hexern und Kindsmördern ans Tageslicht. Ihre Kundschaft reichte bis in die Spitzen der Gesellschaft. „Das große Paris und der Hof mit seinen tausend Intrigen, seiner Liebe, seinen geheimen Hoffnungen, den unterirdischen Todfeindschaften, seinen Sehnsüchten und Begierden – das war ein Boden, auf dem das Laster der Vergiftung sich entfalten konnte“, schrieb Karl Bartz in seiner Biografie Ludwigs XIV.

La Reynie machte schockierende Entdeckungen: Bei schwarzen Messen kam es zu kannibalischen Handlungen. Verkommene Priester kauften Prostituierten ihre neugeborenen Kinder ab, die dann auf dem nackten Körper von Frauen per Halsschnitt getötet, ihr Blut in einem Abendmahlskelch aufgefangen und in Hostien verbacken wurde.

Ludwig XIV. reagierte entsetzt auf die Berichte seines Chefermittlers und ordnete deshalb 1679 die Errichtung eines Sondergerichtshofes an, der „Chambre royale de l’Arsenal“, im Volk „Chambre ardente“ (feurige Kammer) genannt, weil der Tagungsraum schwarz drapiert und von zahlreichen Kerzen erleuchtet war. Seine Aufgabe war es, den „unglückseligen Gifthandel … mit der Wurzel auszurotten“ (la Reynie). Die „Affaire des Poisons“ (Giftaffäre) sollte zum Wendepunkt in Ludwigs Regierungszeit werden.

Bei „der Nachbarin“ war alles zu haben

Schlüsselfigur aller Abscheulichkeiten war Catherine Deshayes, von ihrer Kundschaft vertraulich „La Voisin“ (die Nachbarin) genannt. Bei ihr war alles zu haben: Gift, Liebestränke, Abtreibungen, Teufelsbeschwörungen. Die Voisin war steinreich geworden, denn sie bediente nur die Aristokratie. Aber sie konnte es nicht lassen, über ihre Abnehmer Buch zu führen.

Am 12. März 1679 wurde Catherine Deshayes verhaftet. Nun erkannte la Reynie das ganze Ausmaß des Skandals. Immer mehr Zeugen wurden vernommen. Zu den Kunden der Giftmischerin gehörten die Herzogin von Angoulême und der Erzbischof von Narbonne ebenso wie die Duchesse d’Orléans, ein königlicher Prinz, Ludwigs Ex-Mätresse Olympia Mancini und sogar der Hofdichter Jean Racine. Um die Wirkung der Mittel zu verstärken, sollen hochadelige Damen bereit gewesen sein, splitternackt Osterkerzen zu obszönen Zwecken zu missbrauchen.

Politisch gefährlich wurde es, als ein Name fiel: Athénaïs de Montespan. Diese temperamentvolle Brünette hatte es vermocht, den launenhaften König elf Jahre lang als Mätresse zu fesseln (auch, weil sie dessen zahlreiche Affären übersah). Aber nun, nach der Geburt von sieben Kindern, begann die Schönheit der 38-Jährigen zu verblassen. Ludwig XIV. wandte sich reizvolleren Frauen zu, darunter die blutjunge Marie Angélique de Fontanges.

Außer sich vor Eifersucht und voller Angst um ihre Privilegien, hatte die Montespan offenbar Zuflucht zu schwarzen Messen gesucht, während derer sie sich Hostien zwischen die Beine legte und dann Geschlechtsverkehr hatte. Außerdem soll sie bei der Voisin Zaubertränke bestellt haben, zum einen, um die Konkurrentin aus dem Wege zu räumen, zum anderen, um Ludwigs Leidenschaft für sie neu zu entfachen. Fehlgeburt und Tod von Angélique de Fontanges schienen die Vorwürfe zu bestätigen.

Um die Mutter seiner inzwischen legitimierten Kinder, den bereits beschädigten Hochadel und sich selbst vor dem Skandal zu schützen, unterbrach Ludwig die Arbeit der „Chambre ardente“. Sein allmächtiger Minister Jean-Baptiste Colbert fand schließlich die Lösung, schreibt der Historiker Mark Hengerer in seiner neuen Biografie Ludwigs XIV. Er argumentierte so: Wenn ein Angeklagter die Montespan ins Spiel brachte, hatte er die Chance, dass das Verfahren wegen ihrer Nähe zum König niedergeschlagen wurde, um diesen zu schützen.

Das überzeugte den König. Dennoch ließ er einige Hofleute, die er für schuldig hielt, ohne Urteil lebenslänglich in Festungen einsperren. Von den rund 440 Personen, gegen die der Sondergerichtshof Ermittlungen aufgenommen hatte, wurden 36 zum Tode verurteilt, 23 in die Verbannung und fünf auf die Galeeren geschickt.

Die Voisin wurde im Februar 1680 als Hexe verbrannt. „Dabei“, so eine Augenzeugin, „stieß sie bis zum letzten Augenblick grauenhafte Flüche aus“. Madame de Montespan durfte am Hof bleiben, musste aber das Bett des Königs verlassen. Der wandte sich der Erzieherin der gemeinsamen Kinder, Madame de Maintenon, zu, die Ludwig nach dem Tod seiner ungeliebten Ehefrau heiratete. Auch der riesige Hofstaat musste sich nun darauf einstellen, dass die „galante Phase“ (Mark Hengerer) im Leben des Sonnenkönigs unwiderruflich vorbei war.

Quelle:http://www.welt.de/geschichte/article145236119/Sex-mit-Hostien-Kindsmord-und-jede-Menge-Gift.html

Gruß an die wahre Geschichte

TA KI